Stoßwellentherapie – Methode für Patienten

Stoßwellentherapie

Eine allgemeine Einführung in das Thema „Stoßwellentherapie“ für den interessierten Laien

Was sind eigentlich Stoßwellen?

Überall im Alltag begegnen uns Stoßwellen. Beim Überschallknall eines Flugzeugs ebenso wie bei einem Sylvesterböller. Physikalisch betrachtet sind Stoßwellen nichts anderes als besonders kurze Schallimpulse von sehr hoher Energie. Ihre Nutzung in der Medizin ist nicht neu. Schon seit Beginn der 80er Jahre wurden in der Urologie mit großem Erfolg Stoßwellen zur Zertrümmerung von Nierensteinen eingesetzt.

Ende der 80er Jahre wurden erste Erfahrungen im orthopädischen Bereich gesammelt. Man stellte fest, dass nicht heilende Knochenbrüche durch die Behandlung mit Stoßwellen schneller zur Ausheilung gebracht werden konnten. Die Stoßwellen regten die knochenbildenden Zellen an – erstmals konnte die knöcherne Durchbauungen von Brüchen ohne Operation entscheidend gefördert werden.

Da die Stoßwellen von außen in den Körper einwirken, wird die Therapie mit Stoßwellen seither als „Extrakorporale Stoßwellentherapie“ (kurz: ESWT) bezeichnet.

Wo kann die Stoßwellentherapie helfen?

Angeregt durch diese Erfolge stellte man in den folgenden Jahren fest, dass die Stoßwellentherapie grundsätzlich geeignet ist, auch andere häufige Krankheiten des Bewegungsapparates zu behandeln. Zahllose Operationen von Erkrankungen am Bewegungsapparat konnten so erfolgreich vermieden werden. Heute gelten folgende Erkrankungen des Bewegungsapparates als wissenschaftlich nachweisbar geeignet für die Therapie mit der Stoßwellentherapie (Standardindikationen):

1. Die sog. Periarthritis calcarea des Schultergelenkes, oft auch als „PHS“ bezeichnet. Darunter versteht man die sehr schmerzhafte Entzündung und Versteifung der Schultergelenkkapsel, die häufig von Kalkablagerungen begleitet oder hervorgerufen wird. Unerträgliche Nacht- und Bewegungsschmerzen sind ebenso typische Zeichen der „PHS“ wie die Schwierigkeit, den Arm seitwärts anzuheben.

2. Der sog. Tennisellbogen, eine häufige, sehr schmerzhafte, oft chronisch verlaufende Knochenhautreizung an den Ellbogen. Hervorgerufen wird diese Krankheit durch Überbeanspruchung von Sehnenansätzen, meist auf der Außenseite des Ellbogens. Dabei ist der Begriff „Tennis“ nur beispielhaft für verschiedene mögliche Ursachen zu sehen. Typisch für den Tennisellbogen ist ein starker Schmerz beim Zufassen, der vom Ellbogen oft bis zur Hand ausstrahlt.

3. Fersensporne sind meist spitze knöcherne Ausziehungen unter dem Fersenbein. Die genaue Ursache bleibt oft unklar, Übergewicht und Fußfehlformen spielen häufig eine Rolle. Ihren „Besitzer“ quälen die Sporne durch heftige Schmerzen beim Auftritt auf die Ferse, insbesondere am Morgen oder nach Ruhephasen. Oft sind die Beschwerden so intensiv, dass die Patienten nur noch mit Gehstützen laufen können. Häufig werden sehr ähnliche Symptome durch eine reine Entzündung der Sehne bzw. des Sehnenansatzes unter der Fußsohle hervorgerufen, ohne dass ein auf dem Röntgenbild erkennbarer Fersensporn vorliegt. Auch diese Beschwerden, vom Arzt als Fasciitis plantaris bezeichnet, lassen sich sehr gut mit der Stoßwellentherapie behandeln.

4. Als klassische Anwendung gilt darüber hinaus der schon erwähnte nicht heilende Knochenbruch, die sog. Pseudarthrose. Da sie eher selten vorkommt, sei sie hier nur am Rande erwähnt.

Über diese Anwendungsbereiche hinaus kennen wir als Orthopäden eine große Zahl von Krankheiten, bei denen sich die ESWT in der Praxis in zahllosen Fällen sehr bewährt hat, ohne dass bisher ein streng wissenschaftlicher Wirksamkeitsnachweis geführt werden konnte. Zu nennen wäre die schmerzhafte Achillessehne, die sog. Achillodynie, der Golferellbogen, ein dem „Tennisellbogen“ ähnliches Beschwerdebild an der Innenseite des Ellbogens und die Knochenhautentzündung an der Außenseite des Oberschenkels, die sog. Trochanterbursitis. Sehr vielversprechende Behandlungsansätze mittels Stoßwellentherapie haben sich auch bei Erkrankungen ergeben, die auf lokale Durchblutungsstörungen im Knochen zurückzuführen sind. Zu nennen wären hier insbesondere die Femurkopfnekrose (FKN) mit Zerstörung des Hüftkopfes sowie die Osteochondrosis dissecans, eine umgrenzte Zerstörung von Knochengewebe unmittelbar unter dem Knorpelüberzug. Letztgenanntes Krankheitsbild tritt vorzugsweise bei jungen Menschen, gehäuft in Kniegelenken oder in Sprunggelenken auf. Erste wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass die Stoßwellenthapie auch bei diesen schwerwiegenden Krankheiten einen Ausweg aus der operativen Behandlung ermöglichen kann.

Weitere Krankheitsbilder:

  • Myofasziale Schmerzen
  • Sehnenansatzbeschwerden
  • Periphere Nervenstörungen
  • Chronische Wunden

Die Durchführung der ESWT

Die Stoßwellenbehandlung erfolgt in der Regel, nachdem man den krankhaften Bezirk durch Ultraschall oder Röntgen genau geortet hat. Der Schallkopf des Stoßwellengerätes wird exakt auf den betroffenen Bezirk eingestellt und das Gebiet mit Stoßwellen „beschossen“. Je nach Gerätetyp werden ca. 1.500 bis 2.000 Stoßwellen abgegeben. Im Allgemeinen sind bis zu drei Behandlungen erforderlich. Nur in seltenen Fällen kommt es zu einer vierten oder fünften Sitzung. Bei Behandlungen mit geringerer Energie, z. B. am Ellbogen oder an der Ferse, ist eine örtliche Betäubung nicht notwendig und sinnvoll. Nur wenn eine Stoßwellenbehandlung mit hoher Energie erforderlich ist, sollte eine örtliche Betäubung erfolgen. Dies ist in der Regel bei Verkalkungen an der Schulter der Fall.

Wie erfolgreich ist die ESWT?

Die Stoßwellentherapie hat seit ca. zehn Jahren in Deutschland – und seit einigen Jahren auch weltweit – in der täglichen Praxis ihre hohe Wirksamkeit bei der Behandlung bestimmter orthopädischer Krankheitsbilder unter Beweis gestellt. Bei den Standardindikationen (Kaltschulter, Fersensporn und Tennisellbogen) hat die ESWT wissenschaftlich nachgewiesene Erfolge. Je nach Krankheitsbild, Studie und Studiendesign konnten zwischen ca. 50 Prozent und 85 Prozent gute und sehr gute Erfolge erreicht werden.

Besonders bemerkenswert sind diese Erfolge deshalb, da die ESWT immer nur dann zur Anwendung kam, wenn alle anderen Therapiemöglichkeiten vollständig ausgeschöpft waren und nur noch die Operation als letztes Mittel neben der Stoßwellentherapie in Betracht kam (OP-Indikation).

Die häufig gestellte Frage nach möglichen Nebenwirkungen kann getrost verneint werden. In seltenen Fällen sind lokale Blutergüsse oder eine kurzzeitige Verstärkung des Schmerzes beobachtet worden. Andere Komplikationen wurden bisher nicht beschrieben.

Stoßwellentherapie und ihre Kosten

Stoßwellentherapie lässt sich nur mit hohem personellem und apparativem Aufwand durchführen. So betragen die Kosten für ein funktionsfähiges Therapiesystem mit Ortungssystem bis zu mehreren Hunderttausend Euro – ein Betrag, der die finanziellen Möglichkeiten einer einzelnen Praxis erheblich überschreitet.

Darüber hinaus ist ein hoher zeitlicher Behandlungsaufwand für den Arzt erforderlich. Dass es sich bei der ESWT um eine rein ärztliche Tätigkeit handelt, die nicht auf Hilfskräfte übertragen werden kann, sei an dieser Stelle besonders betont. Die Abrechnung erfolgt entsprechend der Privatärztlichen Gebührenordung GOÄ unter Berücksichtigung der Festlegungen und Empfehlungen der Bundesärztekammer und der DIGEST. Privatversicherungen werden unter Zugrundelegung ihrer Vertragsbedingungen in der Regel die Kosten übernehmen, hierzu sind sie in einem in ähnlicher Sache ergangenen Urteil des BGH (Bundesgerichtshofes) ausdrücklich verpflichtet worden (AZ: IV ZR 278/01 vom 12.03.2003). Gesetzliche Krankenkassen werden die Kosten in keinem Fall übernehmen. Für die Versicherer hat bzw. hätte die ESWT große finanzielle Vorteile, wird doch praktisch in allen Fällen eine Operation vermieden, die fast immer höhere Kosten verursachen würde.

Zudem verursacht die Stoßwellentherapie praktisch keine Ausfälle durch Krankheitszeiten, wie sie durch Krankenhausaufenthalt, Nachbehandlung und Schonung nach der OP regelhaft entstehen. Die so entstehenden Kostenvorteile können nur annähernd geschätzt werden, sicher überschreiten sie in der Regel die Behandlungskosten durch Stoßwellentherapie bei Weitem. Um so unverständlicher ist es, dass die gesetzlichen Krankenkassen noch immer die Kostenübernahme ablehnen. Die hierfür angeführten Gründe eines fehlenden wissenschaftlichen Nachweises der ESWT können getrost als historisch überholt betrachtet werden. Die mit einer alternativ durchgeführten Operation und Narkose entstehenden Risiken werden unverständlicherweise dabei bewusst ignoriert.

Für den Patienten am wichtigsten ist, dass sich ihm mit der Stoßwellentherapie ein praktisch risikoloses, schmerzarmes und erfolgreiches Therapieverfahren zur Behandlung weit verbreiteter orthopädischer Krankheiten bietet. Er sollte jedoch immer darauf achten, dass die Behandlung von einem geschulten und in der Methode erfahrenen Arzt persönlich durchgeführt wird. Fragen Sie Ihren Arzt, ob er Mitglied der DIGEST ist und ein Zertifikat über die entsprechende Fortbildung in der Stoßwellentherapie hat. Bitte beachten Sie die Liste der zertifizierten Mitglieder auf der Website von DIGEST e.V.

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